
Lisa Poschenrieder und Dr. Kristina Wiemann-Kempter sind im Vorstand des Fördervereins der DRK-Kita Cläre-Grüneisen-Haus in Bonn und zeigen, wie sich Eltern-Engagement auszahlen kann …
1. Wie kam es zu Ihrem Engagement im Elternbeirat für kulturelle Bildung in Ihrer Kita?
Wir haben im Elternbeirat immer wieder über strukturelle Probleme in unserer Kita diskutiert: Personalknappheit, Fluktuation, Notbetreuung. So geht es nicht nur uns, sondern das scheint fast Alltag zu sein. Kulturelle Bildung und kreative Projekte kommen da leider häufig zu kurz. Oft fehlt es nicht an Ideen, sondern an Zeit, Geld oder Personal. Uns war es wichtig, hier nicht nur zu kritisieren, sondern selbst aktiv zu werden und etwas Positives für die Kinder zu schaffen. Wir wollten zeigen, dass kulturelle Bildung schon im frühen Kindesalter unglaublich wertvoll ist – und dass man auch mit begrenzten Mitteln etwas bewegen kann. Als Eltern hat man ja den Wunsch, dass die Kinder in ihrer Kita nicht nur betreut, sondern wirklich inspiriert werden. So entstand der Gedanke, ein kulturelles Projekt auf die Beine zu stellen, das nachhaltig wirkt und den Kindern zeigt, dass Kunst Teil ihres Alltags sein kann. Die Motivation kam also aus einer Mischung aus Begeisterung und dem Wunsch, bestehende Lücken zu füllen. Und ehrlich gesagt: Es hat richtig Spaß gemacht, gemeinsam etwas anzupacken, als Team zu wachsen und zu sehen, was möglich ist, wenn alle an einem Strang ziehen.
2. Wie sind Sie auf das Landesprogramm „kukita NRW. Künstlerinnen und Künstler in die Kita“ aufmerksam geworden?
Am Anfang stand bei uns gar nicht die Frage nach der Förderung, sondern die Idee selbst. Wir wollten etwas Kreatives und Sinnvolles für die Kinder auf die Beine stellen. Wir kannten die tolle Künstlerin und Kunstpädagogin Lena Gutt-Blümel aus einem anderen Kontext und waren sofort angetan von dem Gedanken, mit ihr gemeinsam etwas für die Kita zu entwickeln. Sie war ebenfalls begeistert und wir waren direkt mitten in der Projektidee – alle waren Feuer und Flamme.
Erst danach kam die Frage: Wie finanzieren wir das eigentlich? Denn uns war klar, dass unser Träger ein solches Vorhaben nicht stemmen könnte. Also haben wir angefangen zu recherchieren, Fördermöglichkeiten zu prüfen und sind dabei auf das Landesprogramm „kukita NRW. Künstlerinnen und Künstler in die Kita“ gestoßen. Wir dachten: „Das passt perfekt zu uns!“ Die Verbindung von Kunst, Kita-Alltag und frühkindlicher Förderung hat genau unseren Vorstellungen entsprochen. Es war sofort klar, dass wir es versuchen wollten. Rückblickend war das der Moment, in dem aus einer schönen Idee ein tolles Projekt wurde – und der Start einer viel größeren Reise, als wir anfangs gedacht hätten.
3. Ihre Kindertagesstätte, die DRK-Kita Cläre-Grüneisen-Haus in Bonn erhält eine Projektförderung über das Landesprogramm. Welche Rolle haben Sie als Elternbeirat hier?
Unsere Rolle ist tatsächlich ziemlich umfangreich. Wir haben die ursprüngliche Idee gemeinsam mit der Künstlerin entwickelt und sie dann in die Kita getragen. Das hieß konkret: Wir haben die Einrichtungsleitung und das Team überzeugt und gemeinsam überlegt, wie das Projekt in den Kita-Alltag integriert werden kann. Danach folgte der eher „formale“ Teil. Wir haben den Antrag selbst geschrieben und dabei eng mit allen Beteiligten zusammengearbeitet. Gleichzeitig haben wir zwischen allen Seiten vermittelt: zwischen der Künstlerin, dem Kita-Team, den Eltern mit ihren Kindern und dem Förderprogramm. Das war manchmal auch eine Herausforderung, aber eine sehr bereichernde.
Das Projekt hat außerdem einen wirklich großen und nachhaltigen Fußabdruck in unserer Kita hinterlassen. Es war im besten Sinne ein Startschuss – denn aus der positiven Erfahrung heraus haben wir beschlossen, als Elternbeirat einen eigenen Förderverein zu gründen, um langfristig und strukturell arbeiten zu können. Wir haben alle bürokratischen Schritte geschafft und sind mittlerweile ein eingetragener gemeinnütziger Verein. Seitdem konnten wir nicht nur ein zweites Kukita-Projekt erfolgreich beantragen und beginnen, sondern auch zwei weitere Projekte aus ganz anderen Bereichen initiieren – ebenfalls mit Erfolg. Darauf sind wir unglaublich stolz. Rückblickend war der erste Kukita-Projektantrag der Grundstein für unsere heutige Fördermittelarbeit und hat gezeigt, was möglich ist, wenn Engagement, Kreativität und ein gutes Team aufeinandertreffen.
4. Wie sieht Ihr Projekt aus?
Unser erstes Projekt trug den Titel „Kunst als Ausdruck – Meine Gefühle sind bunt“. Dabei wollten wir Kunst als inklusiven Begegnungsort in unserer heilpädagogisch-integrativen Kita verstehen. Uns war wichtig, den künstlerischen Prozess als Möglichkeit zu begreifen, Gefühle auszudrücken, zu verstehen und zu benennen. Das Projekt sollte Kindern mit und ohne Förderbedarf ermöglichen, eine gemeinsame kreative Sprache zu finden.
Der Fokus lag auf der Frage, wie Farben, Materialien und Techniken Gefühle zum Ausdruck bringen können. Lena Gutt-Blümel hat dies wirklich toll mit ihnen umgesetzt: Sie haben Bilder betrachtet, Materialien verglichen, Farben gemischt und intuitiv sowie dialogisch gemalt. Im Zentrum stand immer die gemeinsame ästhetische Erfahrung mit allen Sinnen – und natürlich die Interessen der Kinder. Besonders schön war, dass auch die Eltern eingebunden waren. Ein echtes Highlight waren unsere beiden Elternateliers, bei denen Eltern und Kinder unter Anleitung der Künstlerin gemeinsam kreativ geworden sind – ohne Leistungsdruck, einfach mit Freude am Tun. Wir haben selten so viele Eltern gleichzeitig in der Kita gesehen!
Aus dieser Erfahrung heraus ist dann unser zweites Projekt entstanden: „Meine Sinne, meine bunte Welt – Kunst mit allen Sinnen erleben“. Hier wollten wir das Konzept weiterentwickeln und den Schwerpunkt stärker auf die sinnliche und naturnahe Erfahrung legen. Ziel ist es, den Kindern zu ermöglichen, Kunst nicht nur im Atelier, sondern auch in der Natur zu erleben – und so einen Ausdruck für ihre individuelle, kreative Weltaneignung zu finden. Das Kita-Gelände, die Nachbarschaft und der angrenzende Wald werden zu künstlerischen Erfahrungsräumen. So können die Kinder entdecken, dass Kunst überall stattfinden kann – und dass auch Stöcke, Steine, Blätter und Geräusche zu Gestaltungsmitteln werden können.
Einige Elemente aus der ersten Förderphase, wie das Elternatelier, haben wir beibehalten. Neu war die stärkere Betonung des Beziehungsaspekts: Der bereits gewachsene Vertrauensraum zwischen Künstlerin, Kindern und Team ermöglicht jetzt noch freieres Ausprobieren und kreatives Arbeiten. Das ist besonders im heilpädagogischen Kontext wichtig. Außerdem haben wir den Ansatz „weniger ist mehr“ verfolgt – also bewusst den Fokus auf die unmittelbare Sinnes- und Lebenswelt der Kinder gelegt, statt zu viele externe Impulse zu setzen.
Unser Ziel ist es, die entstandenen Kooperationen im Stadtteil zu vertiefen und die ästhetischen Erfahrungen stärker in die Familien hineinzutragen. Auch wenn das zweite Projekt gerade erst angelaufen ist – wir lieben es jetzt schon!
5. Wenn Sie drei Wünsche für die Kinder in Ihrer Kita frei hätten, welche wären das
Drei reichen da gar nicht… Ganz grundsätzlich wünschen wir uns, dass hochwertige Bildung in der Kita ein noch größeres Gewicht bekommt – und dass die Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden. Wir merken bei uns in der Kita sehr deutlich, wie wichtig festes, verlässliches Personal ist. Leider ist dies nicht immer vorhanden. Nur wenn die Kinder feste Vertrauenspersonen haben und keine dauernden Personal- oder Betreuungsausfälle stattfinden, entsteht überhaupt der Raum für kreative und kulturelle Projekte. Erst dann können Kinder und Mitarbeitende gemeinsam gestalten, experimentieren und Neues ausprobieren.
Unser zweiter Wunsch wäre, dass jedes Kind die Möglichkeit bekommt, seine Kreativität frei auszuleben – ohne Leistungsdruck, ohne Vorgaben, einfach aus Freude am Entdecken. Dafür darf kulturelle Bildung in Kitas nicht als „Extra“ gesehen werden, sondern als selbstverständlicher Teil der frühkindlichen Entwicklung. Denn genau dort werden die Grundlagen für Offenheit, Neugier und Selbstvertrauen gelegt.
Und unser dritter Wunsch wäre schließlich, dass Kinder Menschen begegnen, die sie inspirieren – sei es eine Künstlerin, ein Wissenschaftler, eine Handwerkerin oder einfach jemand, der mit Leidenschaft etwas tut. Wir wünschen uns, dass sie erfahren, dass sie selbst etwas beitragen können – so ging es uns auch in unserem Projekt. Wenn Kinder diese Selbstwirksamkeit erleben, fördert das nicht nur die intrinsische Motivation, Dinge zu entdecken und Neues zu lernen, sondern auch die Automieentwicklung- ein zentrales Thema im Kleinkindalter.
Und ganz persönlich wünschen wir uns natürlich noch, dass unsere Kita weiterhin ein Ort bleibt, an dem Eltern, Team und Kinder gemeinsam wachsen – so wie es in diesem Projekt geschehen ist.








